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Zweite Wasserkonferenz Lausitz: Erfahrungen – Perspektiven – Handlungsoptionen

Hoyerswerda. Am 20. März 2023 hatte die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung (SAS) und der Wasser-Cluster-Lausitz e.V. anlässlich des Weltwassertages 2023 zu einem Erfahrungsaustausch zum Thema „KOHLEAUSSTIEG = WASSERMANGEL?“ Politiker und Fachleute eingeladen. Rund 150 Tagungsteilnehmer, darunter neben den Umweltministern von Brandenburg und Sachsen der Chef des Bergbausanierers LMBV, Bernd Sablotny, der Brandenburger Lausitzbeauftragte Klaus Freytag oder auch die Bürgermeister Torsten Ruban-Zeh aus Hoyerswerda, Frank Lehmann aus Lauta und Manfred Heine aus Spreetal.

Erneut habe das Trockenjahr 2022 gezeigt, welche Bedeutung die vom Braunkohlenbergbau in die Spree eingeleiteten Sümpfungsmengen für die Spreewasserführung besitzen. Der mit einem künftigen Kohleausstieg verbundene Wegfall der Sümpfungswasser-Einleitungen auf Null führe zu vollkommen neuen wasserwirtschaftlichen Randbedingungen für das Wassermanagement der Spree. Zugeschaltet wurde u.a. die Parlamentarischen Staatsekretärin im BMUV Dr. Bettina Hoffmann, die betonte, dass das Thema Wasser und Kohle in keiner Region in Deutschland so intensiv diskutiert werde, wie in der Lausitz. „Es gilt, Bedarfe und Angebot langfristig in eine Balance zu bringen“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin. Das werde sehr schwierig, betonte ihr Brandenburger Kollege Axel Vogel.

Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt wurden erste vorläufige und richtungsweisende Hauptergebnisse der Forschungsstudie „Wasserwirtschaftliche Folgen des Kohleausstieges“ durch die Arbeitsgemeinschaft WAFl vorgestellt. Eine Erweiterung des Wasserdargebots in der Region sei unerlässlich. Allein mit Optimierungen gehe es nicht, so Jörg Frauenstein vom UBA. Insbesondere zur Frage, wie hoch der künftige Wassermangel in den Flüssen vermutlich ausfallen wird und welche Maßnahmen zur Vermeidung von wasserwirtschaftlichen Stresssituationen aus gutachterlicher Sicht geeignet erscheinen, stellte die Forschungsstudie dar. Dies sei zugleich der Beginn einer breiten fachlichen wie politischen Diskussion.

Die Auswirkungen von 160 Jahren Braunkohlenbergbau auf den Wasserhaushalt von mindestens drei Bundesländern und auf den Grenzbereich zur Republik Polen lassen sich nicht mit übereilt entwickelten Lösungen ungeschehen machen. Demnach werde das verfügbare Wasserdargebot in der Region künftig nicht ausreichen, um alle Bedarfe ohne Anpassungen decken zu können. Sowohl eine Verstärkung des Wasserdargebots als auch die Einschränkung der Nutzungen durch Begrenzung von Wasserentnahmen berühren vielfältigste Interessen und sind umsichtig gegeneinander abzuwägen.

Die Schaffung notwendiger Reserven in der komplexen Wasserbewirtschaftung sei zunächst ergebnissoffen und im Dialog mit allen betroffenen Anrainern weiterführend zu betrachten. Welche der Lösungen tatsächlich umgesetzt würden, bedarf angesichts des notwendigen zeitlichen Vorlaufs für Planung, Genehmigung und Realisierung allerdings zeitnaher Entscheidungen der zuständigen landespolitischen Institutionen und Gremien, um den Kohleausstieg nicht zu gefährden

Neben dem Impulsvortrag zur UBA-Wasserstudie war auch die LMBV mit einem Fachbeitrag von Dr. Oliver Totsche zu den „Herausforderungen für die weit vorangeschrittene Bergbausanierung“ vertreten. Die wasserwirtschaftlichen Aufgaben im Sanierungsbergbau der LMBV konnten bereits zu rund 90 Prozent umgesetzt werden. Die Endphase im LMBV-Bereich wird nunmehr stärker als bisher durch den Kohleausstieg beeinflusst werden. Hinzu kommt ein verstärkt wahrnehmbarer Einfluss der Folgen des Klimawandels auf die Erreichung von Zielstauhöhen einiger Bergbaufolgeseen. Diese ei der LMBV gesammelten Erfahrungen werden künftig bei der Rekultivierung der aktuell noch betriebenen Tagebaue einfließen müssen

Die vom Umweltbundesamt im Auftrag gegebene Studie komme u.a. zu dem Ergebnis, dass es Überleitungen aus der Elbe, der Neiße oder der Oder bräuchte, um die Wasserprobleme in der Lausitz und Berlin zu beherrschen. Kritische Worte gab es auch von Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel zum angedachten Elbeüberleiter in die Lausitz, da auch für die Elbe die Wasserrahmenrichtlinie der EU gälte. Der Fluss habe in Trockenzeiten zudem zu wenig Wasser. „Wir werden Sparsamkeit zu einem langfristigen Ziel machen müssen“, unterstrich Minister Vogel. Brandenburg habe schon ein Niedrigwasserkonzept für den Spreewald erarbeitet. Nicht mehr ausgeschlossen sei demnach, künftig im Sommer einzelne Fließe trockenfallen zu lassen.

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther stellte klar, dass die Probleme mit dem Wasserhaushalt in der Lausitz nicht mit dem Kohleausstieg begründet seien, sondern deren Ursachen im damaligen Braunkohleabbau-Einstieg lägen. „Es wird noch viele Jahre dauern bis der Lausitzer Wasserhaushalt den neuen geänderten Anforderungen gerecht werden kann“, so Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel: „Dabei gilt zunächst das Verursacherprinzip. Deshalb müssen bei allen Vorhaben die verantwortlichen Bergbauunternehmen an den Kosten und den zu ergreifenden Maßnahmen zur Wiederherstellung eines funktionierenden Wasserhaushaltes entsprechend beteiligt werden.“

Umweltminister Axel Vogel unterstrich: „In der niederschlagsarmen Lausitz ist Wasser eine der zentralen Ressourcen für den Strukturwandel. Nur durch ein strategisches Wassermanagement sind die ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen beim Kohleausstieg und bei den voranschreitenden Klimaveränderungen zu bewältigen. Brandenburg arbeitet für die zukünftige Entwicklung der Region und den Spreewald mit seiner einzigartigen Gewässerlandschaft daran, dass auch weiter das notwendige Wasser zur Verfügung steht.“

Aus Sicht des MLUK gehöre die Kohleindustrie zu den größten Wasserverbrauchern im Land. Durch den jahrzehntelangen Abbau der Braunkohle haben sich die Landschaft und der Wasserhaushalt im Grund- und Oberflächenwasser in der Lausitz stark verändert. Jedes Jahr würden durch die Tagebaue hunderte Millionen Kubikmeter Grundwasser gehoben und in die Gewässer – hauptsächlich die Spree, aber auch die Schwarze Elster und die Lausitzer Neiße – geleitet. Mit dem bevorstehenden Kohleausstieg, dem Strukturwandel sowie der Klimaveränderung ändern sich aktuell die Rahmenbedingungen für den Wasserhaushalt in der Lausitz.

Ein wichtiger Schritt für das strategische Wassermanagement sei der Aufbau des Grundwassermodells Lausitz. Zusammen mit dem Bund und dem Freistaat Sachsen werde bis 2027 ein großräumiges Grundwassersimulationsmodell aufgebaut, das die Grundlage für die länderübergreifende Grundwasserbewirtschaftung in der Lausitz darstellt, so das MLUK. Mit dem Grundwassermodell Lausitz könnten perspektivisch Prognosen zu allen wichtigen Kenngrößen und Entwicklungen im Grundwasser in der Lausitz getroffen werden. Der Bund, Sachsen und Brandenburg haben sich gerade auf die Finanzierung eines Grundwassermodells für die Lausitz geeinigt. 9,3 Millionen Euro solle die Ermittlung des Ist-Standes kosten. „Wir sollten alles daransetzen, frühzeitige Lösungen zu erarbeiten“, forderte die Parlamentarischen Staatsekretärin Dr. Hoffmann.

Auch im Oberflächenwassermanagement arbeiten Brandenburg, Sachsen und Berlin bereits länderübergreifend eng zusammen. Die länderübergreifende Ad-hoc-AG steuere die Oberflächenabflüsse von Spree und Schwarzer Elster in Trockenzeiten. Gemeinsam werden die nächsten wichtigen Untersuchungen zum Wasserhaushalt in der Lausitz angestoßen. Ziel sei es, die Erweiterung des Simulationsmodells für das Oberflächenwasser, die Erarbeitung eines Wasserwirtschaftlichen Gesamtkonzeptes, Untersuchungen zu Wasserspeichermöglichkeiten sowie Wasserüberleitungen bis zum Jahr 2026 zu erarbeiten.

Darüber hinaus unterstütze Brandenburg das Land Berlin auch dabei, selbstständig die Wasserversorgung für die fast 3,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zu sichern. „Ohne Trinkwasser kein erfolgreicher Strukturwandel“ – dazu wurden auf der Konferenz auch praktikable Wege aufgezeigt, wie auf freiwilliger Basis Wasserversorgungsunternehmen länder- und verbandsübergreifend die Zeichen der Zeit erkannt haben. Zur länderübergreifenden Trinkwasserversorgung referierten u.a. LWG Lausitzer Wasser GmbH und EWAG-Vertreter (EWAG Kamenz Energie und Wasserversorgung AG).

Nach 60 Jahren enger Verflechtung der kommunalen Trinkwasserversorgungssysteme mit dem von Bergbauwasser lebenden Trinkwasserwerk Schwarze Pumpe, konnte zum Jahresanfang 2023 dieser Verbund planmäßig gelöst werden. Dies ist jedoch erst der Anfang für den Prozess einer länder- und verbandsübergreifenden Zusammenarbeit verbunden mit dem weiteren Ausbau der Netzinfrastruktur sowie einigen Wasserwerken. Für die Beteiligten Verbände und Unternehmen stellt dies eine große Herausforderung für mindestens eine Dekade dar.

Weitere Informationen: https://www.b-tu.de/en/news/article/23355-kohleausstieg-wassermangel-zweite-wasserkonferenz-lausitz

Fotos: Torsten Kellermann für WCL